Lost Horizon 2

Lost Horizon 2: Ein durchwachsener Nachfolger


Freitag, 16. Oktober 2015
Der Nachfolger des Point’n’Click Adventures Lost Horizon setzt diesmal auf die nordische Göttersaga und lehnt sich an Größen wie Indiana Jones an.
Lost Horizon 2
Erneut steht Protagonist Fenton Peddock im Mittelpunkt der Handlung

Vor rund 5 Jahren erschien das Point’n’Click Adventure Lost Horizon. Der Titel erinnerte stark an Klassiker wie die Indiana Jones Reihe und wartete, ebenso wie das große Vorbild, mit einer klassischen Abenteuer-Geschichte im Hong Kong der 30er Jahre auf. Der Titel avancierte schnell zum Geheimtipp und gilt als eines der besten Adventures der letzten Jahre. Sowohl Präsentation als auch Spielmechanik konnten überzeugen. Dazu gesellten sich eine gut erzählte Geschichte, sympathische Charaktere und ein toller Soundtrack. Vor einigen Wochen erschien nun der Nachfolger, der erneut die Abenteuer des Fenton Peddock erzählt.

Ragnarök statt Shambala

Während der erste Teil sich noch an der asiatischen Mythologie bediente und man neben China, dem Orient und schließlich Tibet ferne Schauplätze bereiste, schweift Teil zwei nicht ganz so weit in die Ferne. Alles beginnt mit einem kleinen Kästchen, dass die Nazis unbedingt an sich bringen wollen. Im Laufe des Prologs verliert Dr. Brunner, der mit der Untersuchung des Kästchens beauftragt wurde, beim Versuch seine Forschungsergebnisse vor der SS zu retten, sein Leben, kann jedoch noch seine beiden Töchter in Sicherheit bringen. 20 Jahre später – Nazi-Deutschland ist längst Geschichte und der Kalte Krieg ist in vollem Gange – stolpert nun Fenton Peddock mitsamt seiner Tochter Gwen in die Ereignisse rund um eben jenes Kästchen. Die Geschichte bedient sich dabei stark der nordischen Mythologie und deren Göttersaga.

Lost Horizon 2
Dieses mal bedient man sich bei der nordischen Göttersaga.

Während es der Vorgänger Verstand sowohl Handlung als auch Charaktere geschickt einzuführen, und dem Spieler einen Bezug zu vermitteln, wirft einen Lost Horizon 2 vor vollendete Tatsachen. Die Handlung wird stark sprunghaft erzählt, die Schauplätze wechseln beinahe im Minutentakt. In einem Moment ist man noch in Kairo, dann in Berlin, nur um eine kurze Unterhaltung in einem Café zu belauschen, die einen dann ohne Umschweife sofort nach Moskau schickt. Viele dieser Schauplätze wirken, als hätten die Entwickler viele Inhalte gekürzt. Zudem lässt das Spiel viele Fragen unbeantwortet oder wirft gar neue auf. So etwa wird zu Beginn erwähnt, dass Kim, Fentons Partnerin und Mutter der gemeinsamen Tochter Gwen, unter mysteriösen Umständen spurlos verschwunden ist. Eine weitere Erwähnung oder gar eine Auflösung bleibt das Spiel in den meisten Fällen schuldig.

Nach dem abrupten und teils hanebüchenem Ende des Spiels bleibt ein unbefriedigtes Gefühl übrig. Die Geschichte wirkt stark gekürzt und hätte deutlich mehr Inhalt vertragen. Das merkt man auch der Spielzeit an. Mehr als zwei Nachmittage wird man nicht an Lost Horizon 2 sitzen. Trotz all der Probleme ist die Handlung an sich aber durchaus interessant und weckt die Neugier.

Enttäuschende Technik

Lost Horizon 2
Die Szenen sind detailliert gezeichnet und stimmungsvoll beleuchtet.

Im Gegensatz zum Vorgänger, der noch einen Mix aus Vorgerenderten Hintergründen und dreidimensionalen Charakteren bot, setzt man bei Teil zwei voll auf 3D. Zum Einsatz kommt die Unity Engine. Die Szenen können durchaus überzeugen, sind stimmungsvoll beleuchtet und größtenteils recht Detailreich umgesetzt. Leider sind Charaktere, Animationen und vor allem Dialoge allerdings stark lieblos umgesetzt. Animationen wirken stark hölzern, Charaktere sind wenig detailliert und von Lippen-Synchronität fehlt in den wenigen Szenen, in denen die Figuren nicht nur steif im Bild platziert wurden, völlig. Gestik und Mimik scheinen ein Fremdwort für die Entwickler zu sein. Besonders grauenvoll sind die gelegentlichen Video-Sequenzen, die stark verwaschen daher kommen und zudem meist besonders Detailarm ausfallen.

Die Synchronisation dagegen kann vollstens überzeugen. Die Sprecher sind sämtlich gut gewählt und erwecken ihre Charaktere glaubhaft zum Leben. Schade nur, dass Hintergrundgeräusche teilweise die Dialoge übertönt. Die musikalische Untermalung gewinnt ebenfalls keinen Blumentopf.

Einfache Rätsel und Quick-Time-Events

Das Lost Horizon 2 ursprünglich ein Action-Adventure werden sollte, merkt man dem Titel auch an vielen Stellen beim Rätseldesign an. Diese sind zwar stets logisch, aber größtenteils viel zu einfach. Die unsinnigen Kombinations-Sequenzen – so kombiniert man beispielsweise Tee-Tasse, Wasserkanne und Teebeutel in einer bestimmten Reihenfolge – hätte man sich ebenfalls schenken können. Außerdem finden sich Quick-Time Sequenzen im Spiel, die zudem teils unlogische Aktionen erfordern. Hier hilft manchmal nur „Trial and Error“.

Fazit

Lost Horizon 2 bleibt deutlich hinter den Erwartungen zurück, und verschenkt enorm viel Potential. An allen Ecken und Enden entsteht der Eindruck, dass man in letzter Hast fertige Bestandteile einfach nur zusammen geschnippelt hat, und vieles dabei unter den Tisch gefallen ist. Es ist ein solides Adventure, mehr aber auch nicht. Wer sich mit dem Szenario anfreunden kann, und Teil eins bisher noch nicht kennt, sollte auf jeden Fall diesen nachholen und Lost Horizon 2 später in einer Steam-Aktion oder vom Grabbeltisch im Elektro-Markt nachholen. Wer zudem auf das Steelbook der Retail-Version verzichten kann, sollte unbedingt zur Digital-Version greifen, denn diese verzichtet auf die nervige DVD-Abfrage im Laufwerk. Traurig, dass dies im Jahr 2015 überhaupt noch nötig ist.

Über den Autor

Severin „Maverick“ Lochinger beschäftigt sich in seiner Freizeit intensiv mit Technik, verschlingt Fantasy Romane, ist ein riesiger Film-Fan und kann ohne Musik und sein HiFi Equipment nicht leben. Im Berufsleben ist er Grafik-/Web-Designer und Front-End-Entwickler.

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